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Alles über Scapretraction

Wilson Lee Scap Retration - Foto: Thomas Schönenborn

Foto: Thomas Schönenborn|

Wie wirft man härter?

Spoiler: Es sind sehr, sehr viele Dinge, die dazu beitragen, und in diesem Artikel geht es nur um einen winzigen Teil davon. 

Die Pitching Delivery ist sehr komplex und hat sehr viele einzelne biomechnaische Abschnitte und Teile. Weil es so viele Teile sind, ist es gar nicht so einfach herauszufinden, welche biomechanischen Merkmale nun tatsächlich für Geschwindigkeit, Movement und Kontrolle verantwortlich sind. 

Grundsätzlich korrelieren Kräfte und Geschwindigkeiten wesentlich stärker mit der Wurfgeschwindigkeit als Positionen, die man zum Beispiel auf Fotos gut erkennen kann. Das bedeutet grob: nicht wer am Foto besser aussieht, sondern wer sich schneller bewegt, wirft fester. Man kann aber davon ausgehen, dass bessere Positionen grundsätzlich schnellere Bewegungen erlauben. Ganz um sonst ist es also doch nicht. 

Was ist Scapretraction?

Einer von den wenigen Zusammenhängen zwischen einer solchen Position und Wurfgeschwindigkeit ist die horizontale Abduktion. Andere Begriffte dafür sind „Scapload“ oder „Scap Retraction“.

Das klingt erstmal sehr kompliziert, ist aber relativ leicht erklärt: Es geht darum, wie weit der Ellbogen hinter die Linie der Schulter gezogen wird. 

Man achtet dabei besonders auf folgende Merkmale: Den maximalen Wert, den Wert bei Footplant, und in weiterer Folge, wie lange die horizontale Abduktion gehalten werden kann. (Zu beachten ist allerdings, dass Werte, die über unterschiedliche Messverfahren bestimmt wurden, nicht so gut vergleichbar sind wie Werte, die mit demselben Verfahren – idealerweise auch unter denselben Bedingungen – gefunden wurden.)

Driveline Baseball hat den Durschnitt bei Footcontact (FC, nicht dasselbe wie Footplant, aber sehr ähnlich) bei ca. 40 Grad gefunden, der maximale Wert liegt bei ca. 57 Grad (https://www.drivelinebaseball.com/2019/03/interpret-biomechanics-reports/).

Bei Pitchern unter 75mph war die horizontale Abduktion bei FC durschnittlich 35,6 Grad, bei Pitchern über 87mph 53,8.

Die genauen Zusammenhänge sind wesentlich komplizierter (mehr Details findet man hier: https://www.drivelinebaseball.com/2019/02/biomechanics-rewind-look-numbers-last-six-months/), aber man kann ganz grob – und zwar wirklich nur ganz grob – sagen, dass Pitcher, die härter werfen, durchschnittlich auch mehr horizontale Abduktion vorweisen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber natürlich weder, dass jeder, der 53,8 Grad an Scapretraction erreicht automatisch über 87mph werfen wird, noch, dass jeder der weniger als 35 Grad an Scapretration hat, nicht schnller als 75mph werfen kann… Die Wahrscheinlichkeit, dass es so ist, ist allerdings groß.

Was bringt Scapretraction?

Der zurückgezogene Ellbogen ist das, was man am auffälligsten sieht. Weniger sichtbar, aber wesentlich wichtiger, ist, was mit dem Schulterblatt passiert. 

Es wird entlang des Brustkorbes nach hinten gezogen. Dadurch kann es besser nach hinten kippen, was die maximale externe Rotation – das Layback – unterstützt. Ausserdem vereinfacht es die Streckung der Brustwirbelsäule, was ebenfalls das Layback  und das darauffolgende Beschleunigen vereinfacht. Das ist sehr wichtig, für gesundes und effizientes Werfen.

Der Arm hat dadurch mehr Zeit in der Layback Position zu verbringen und einen längeren Beschleunigungsweg. Ein längerer Beschleunigungsweg erlaubt höhere Geschwindigkeiten bei weniger starker Beschleunigung, was die Spitzenbelastung des Armes reduziert. Man kann also schneller werfen und das mit weniger Belastung. 

Warum reduziert ein längerer Beschleunigungsweg die Belastungsspitzen?

Denken wir an die Beschleunigung in einem Auto. Um es aber anschaulicher zu machen, nehmen wir die negative Beschleunigung, also das Bremsen. Möchte ich von 100 auf 0 kommen, und habe dafür 10 Sekunden Zeit, ist das kein Problem für den Körper. Das haben wir alle schon oft gemacht. Möchte das aber in weniger als einer Sekunde machen (in dem man zum Beispiel gegen eine Wand fährt), hinterlässt das bleibende Spuren am Körper. 

Beim Wurf wirken natürlich weniger Kräfte, und man verlängert den Beschleunigungsweg nicht auf das 10-fache. Die Auswirkungen sind wesentlich weniger drastisch, aber das Prinzip ist dasselbe. 

Wie verbessere ich Scapretraction?

Zunächst muss die notwendige Flexibilität und Mobilität vorhanden sein. Der große und der kleine Brustmuskel, sowie der Sägemuskel müssen sich also lang genug machen, und präzise loslassen können (Triggerpunkte, Dehnübungen für die Brust)

Gleichzeitig müssen die Rhomboide und Trapezmuskeln ausreichend trainiert sein, um das Schulterblatt zur Wirbelsäule ziehen zu können (Ruderübungen, „Band-pullaparts“). 

Um die Bewegungskoordination in der Wurfbewegung zu verbessern, eignen sich besonders Plyoball-Pivot-Pickoffs, Plyoball-Scapretraction-Throws und Roll-In-Throws gut. 

Vermeide allerdings, während dem Wurf ganz besonders darauf zu achten – das ist fast unmöglich und kann das Timing deines Wurfes negativ beeinflussen. Versuche stattdessen deinen Körper auf diese Bewegung vorzubereiten, sodass er sie dann beim Wurf zulässt und nutzt.

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